So ein Wirrwarr - wer kapiert bitte dieses Anwaltsdeutsch???
Ganz klar: ein Anwalt! Und genau da habe ich nachgefragt!
Spielzeug oder Kosmetika?
Gerade zur Faschingszeit oder zu Halloween sind die Spielwarenläden voll an Schminkzeug. Ungeachtet der Qualität dieser Produkte - wenn man sie im Spielwarenhandel kaufen kann, dann müsste es
doch eigentlich ein Spielzeug sein, oder?
Warum so ein Wirbel wegen Spielzeug???
Die Antwort ist ganz einfach: Weil dieses Spielzeug auf die Haut kommt und somit sichergestellt sein muss, dass dieses Spielzeug der Haut nicht schadet.
Deshalb unterliegen richtige Körperfarben der Kosmetikverordnung - und zwar immer!
Eine Verordnung und alles ist gesagt?
Wenn es nur so einfach wäre!
Nachdem im Laufe der Zeit immer wieder Neuerungen zu integrieren sind, sich Zuständigkeiten ändern und alles dadurch immer umfangreicher wird gibt es immer wieder "Updates". Das neueste Update
war die EU Verordnung von 2009. Diese Verordnung fasst zusammen und ergänzt, was in den vorherigen Verordnungen geschrieben war.
Die Mitgliedsstaaten müssen das EU Recht in nationales Recht umsetzen. Dabei darf der Mitgliedsstaat die Regeln enger fassen und diese engeren Regeln gelten dann auch.
So kann es passieren, dass in manchen Zuständigkeitsbereichen der EU die einzuhaltenden Vorschriften umfangreicher sind als wo anders.
In Deutschland zum Beispiel, denn hier gilt auch die Deutsche Kosemetikverordnung vom 16.07.2014.
Für wen gilt diese Verordnung?
Richtig formuliert muss die Frage nicht heißen "für wen?" sondern "FÜR WAS"!
Die Antwort:
FÜR JEDES "KOSMETISCHE" PRODUKT!
Darunter fallen alle Produkte, die der pflegenden und der dekorativen Kosmetik zugeordnet werden können. Unter zweiterem laufen unsere Face- und Bodypainting Materialien.
Witzigerweise fallen übrigens Tattoofarben und Permanent Make Up Farben nicht unter die Kosmetikverordnung. Natürlich müssen auch diese Produkte sicher sein, sie werden aber in einer anderen
Verordnung behandelt.
Also: Jedes kosmetische Produkt, das innerhalb der Eu auf den Binnenmarkt gebracht wird muss der Verordnung entsprechen.
Wer Kosmetika im Sinne der Verordnung aus dem nicht europäischen Ausland importiert, darf das nur unter den Bedignungen geltender Zollvorschriften einführen und nur für seinen privaten Gebrauch
nutzen!
Eine kommerzielle Verwendung, z. B. bei einer Kinderschminkbuchung, einem öffentlichen Bodypainting oder beim Weiterverkauf dieser Produkte ist nicht gestattet!
Andernfalls wirst Du als Importeur angesehen und stehst damit in der vollen Verantwortung! --> siehe verantwortliche Person
In den Fällen von importierten Produkten muss insbesondere auch immer das Herkunftsland deutlich gekennzeichnet werden.
Aber um der EU Kosmetikverordnung wirklich zu entsprechen bedarf es noch mehr: die verantwortlichen Person muss her!
Verantwortliche Person... kenn ich die?
Um die Verantwortlichkeiten eindeutig zu regeln, ist jedes kosmetische Mittel einer in der Europäischen Gemeinschaft niedergelassenen verantwortlichen Person zuzuordnen. Diese
verantwortliche Person hat die Einhaltung der in der EU-Kosmetikverordnung aufgeführten Verpflichtungen zu gewährleisten.
Aber wer ist das?
Verantwortliche Person - das muss nicht immer ein Mensch sein, möglich sind juristische Personen (Firmen wie z. B. GmbH, OhG...) oder natürliche Personen
(z. B. Hannelore Huber, wohnhaft in der Finkenzeller Straße Nummer 28 in Hinterdupfing).
Für Produkte, die innerhalb der EU hergestellt werden gilt der Hersteller mit Firmensitz in der EU himself als die verantwortliche Person. Das bleibt er auch wenn er sein Produkt aus einem EU
Land in ein anderes EU Land verkauft.
Kniffliger wird es bei Importen aus Nicht-EU Ländern.
Im Idealfall gibt es eine vom Hersteller benannte Person mit Sitz in der EU.
Importeure gelten automatisch als Verantwortliche Person.
Möglich ist auch, dass einem Dritten das Mandat für diese Aufgabe von einer verantwortlichen Person übergeben wird.
Alle müssen ihren regulären Sitz innerhalb der EU haben um Verantwortliche Person sein zu können -
d. h. eine Firma außerhalb kann die Verantwortung nicht übernehmen.
Wer ein Kosmetikprodukt - egal ob es der Kosmetikverordnung entspricht oder nicht - selber verändert (z.B. selber Splitcakes daraus formt, die Farben umtopft, weitermischt o.ä.) hat die
vorangegangene Verantwortlichkeit gebrochen und muss selber Verantwortung übernehmen.
Klartext:
Wer außerhalb der EU einkauft (importiert) = Verantwortliche Person
Wer an seinen Farben bastelt = Verantwortliche Person
Okay, ich bin jetzt die verantwortliche Person für 3 Splitcakes, die ich importiert/ gebastelt habe... ist das jetzt schlimm?
Um diese Frage genauer beantworten zu können müssen wir uns erst anschauen, was die Pflichten der Verantwortlichen Person sind...
Wenn wir die komplette
Verordnung einmal durchgehen finden wir in den Artikeln alle möglichen Pflichten, die die Verantwortliche Person zu tragen hat:
- Artikel 3 (Sicherheit),
- Artikel 5 (Verpflichtungen von verantwortlichen Personen)
- Artikel 8 (Gute Herstellungspraxis)
- Artikel 10 (Sicherheitsbewertung)
- Artikel 11 (Produktinformationsdatei)
- Artikel 12 (Probenahme und Analyse)
- Artikel 13 (Notifizierung)
- Artikel 14 (Einschränkungen für in den Anhängen aufgeführte Stoffe)
- Artikel 15 (als CMR-Stoffe eingestufte Stoffe)
- Artikel 16 (Nanomaterialien),
- Artikel 17 (Spuren verbotener Stoffe)
- Artikel 18 (Tierversuche),
- Artikel 19 Abs. 1, 2 und 5 (Kennzeichnung)
- Artikel 20 (Werbeaussagen)
- Artikel 21 (Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen)
- Artikel 23 (Meldung ernster unerwünschter Wirkungen) und
- Artikel 24 (Angaben über Stoffe)
Beim Überfliegen dieser Stichpunkte fällt schon auf, dass die meisten Fragen von uns nicht beantwortet werden können. Wir - weder Du noch ich - haben keinen Einblick in die Herstellungspraxis
oder die Hygienemassnahmen des Herstellers, wir haben kein Chemielabor zu Hause und verfügen (wahrscheinlich) auch nicht über den dazu notwendigen Doktortitel in Chemie und ein Labor um die
notwendigen Analysen durchzuführen.
Natürlich gibt es Labors, die wir mit diesen Analysen beauftragen könnten - soweit wir den finanziellen Background dafür haben.
Analysen mit rechtssicheren Gutachten eines zertifizierten Labors liegen allerdings für die wenigsten Personen im erschwinglichen Bereich.
Somit dürfte eigentlich klar sein, dass eine "normale Privatperson" (und ich meine damit nicht den Geisteszustand) es niemals schaffen kann, Verantwortliche Person im Sinne der EG 1223/2009 zu
sein.
Importierst/bastelst Du Deine Splitcakes nur für Dich selber und schminkst damit nur Dich und Deine Kinder hast Du kein Problem.
Sobald Du Deine drei Splitcakes aber in einem Schminkauftrag (egal ob entgeltlich oder unentgeltlich) einsetzt oder sogar weiterverkaufst verstößt Du gegen das geltende Deutsche und EU
Recht!
Einzelne Verstöße können Straftatbestände gemäß §8 der deutschen Kosmetik-Verordnung, §§ 58,59 LFGB oder Ordnungswidrigkeitentatbestände gemäß §9 der deutschen Kosmetik-Verordnung, § 60 LFGB
erfüllen und werden auch dementsprechend geahndet.
In jedem Fall geht es um das grundsätzliche Wohl von Menschen, nämlich unseren Schminkkindern und unseren Modellen.
Alleine aus ethischen Gründen sollte das Grund genug sein, nur sicheres und rechtskonformes Material zu verwenden.
BTW: Sobald Menschen geschädigt werden gehen die Schadenssummen ins Unermeßliche.
Kinderschminker/innen mit einer Berufshaftpflichtversicherung haben meist eine Deckungssumme von 3 oder max. 5 Millionen Euro, Personenschäden können diese Summen aber recht schnell
übersteigen.
Im Fall von nicht rechtssicherem Material müssen Versicherungen nicht mehr für den Schaden aufkommen .
Dann bleibt man auf dieser immensen Summe sitzen und was das für weitere Auswirkungen hat kann sich jeder vorstellen.
Werbung:
Ja, auch das wird durch die EU Kosmetikverordnung geregelt...
Kosmetika benutzen die meisten Leute um jünger und schöner dadurch zu wirken. Verspricht ein Kosmetikprodukt schönere Haut muss es das laut EU Kosmetikverordnung auch einhalten.
Ziel dieses Paragraphen ist es, dass keine falschen Versprechungen über die Produkte gemacht werden. Die Werbung muss wahr, redlich, belegbar, lauter und klar verständlich sein und eine
zielgruppenorientiere Entscheidungsfindung ermöglichen.
Dabei wird ein Otto-Normalverbraucher als Mass-Stab genommen.
Händler:
Der Unterschied zwischen Endverbraucher, verantwortlicher Person und Händler:
Natürlich unterscheidet die EU Kosmetikverordnung nach privatem Endverbraucher und gewerblichem Händler.
Der gewerbliche Händler hat viele Pflichten, die er streng einhalten muss und die sich im Groben mit denen der verantwortlichen Person decken.
Für den Händler kommen aber noch ein paar Dinge dazu.
Zum Beispiel muss ein Händler in Deutschland ein Label in deutscher Sprache auf seine Thailändische Currypaste kleben, bevor er sie verkaufen darf um seiner Kennzeichnungspflicht
nachzukommen.
Du als Profi-Kinderschminker bist nicht von den Händler-Thematiken betroffen, solange Du nicht mit Farben dealst.
Fazit:
So undurchsichtig ist die berühmt berüchtigte Kosmetikverordnung gar nicht.
Aber sie ist knallhart und sagt uns ganz klar, was wir verwenden dürfen und was nicht!
Unsere großen Konzerne für pflegende und dekorative Kosmetika müssen diese Regelungen genauso beachten wie wir und sie tun dies. Wir können uns im Drogeriemarkt beim Kauf einer neuen
Gesichtscreme oder einer neuen Wimperntusche sicher sein, dass für unsere Sicherheit alle Punkte dieser Verordnung eingehalten worden sind.
Von uns als Kinderschminkern und Bodypaintern wird die gleiche Seriösität erwartet.
Wir dürfen unsere Endkunden (=Schminkkinder und Modelle) nicht gefährden und müssen uns daran halten, nur verordnungskonformes Material zu verwenden.
Leider gibt es kein Label für EU Verordnungs konformes Material. Dann wäre es ja leicht! So ist es an uns:
Wir müssen unterscheiden können ob ein Material verordnungskonform oder verordnungswidrig ist. Und wir müssen zuverlässig die Finger von verordnungswidrigen Produkten lassen - auch wenn sie noch
so schön und bunt sind!
BTW:
Auch Pigmente unterliegen der EU Kosmetikverordnung!
Nuancen ändern sich immer wieder weil enthaltene Pigmente als gefährlich eingestuft werden und durch andere, sichere Pigmente ersetzt werden müssen.
Verantwortungsbewusste Hersteller wie Superstar verarbeiten nur sichere Pigmente!
Deshalb gibt es bei Superstar auch keine Neon Farben!
Und noch ein Tipp:
Immer wieder fällt in der Diskussion um die EU Kosmetikverordnung auf, dass nach Schlupflöchern gesucht wird um die Verordnung zu umgehen anstatt sie in gutes umzuwandeln...
Muss das wirklich unser erster Gedanke sein?
Auch noch so gute Interpretationen ändern aber nichts an der Lage und dieser Qualitätsstandard ist aber unser bestes Argument!
Hier nochmal die Originaltexte zum Nachlesen:

Alles beachtet und trotzdem eine allergische Reaktion
Auch das kann vorkommen...
Äpfel sind auch gesund und trotzdem kannst Du darauf allergisch sein.
Hilfe bei schweren allergischen Reaktionen bekommst Du beim Giftnotruf, unter diesem Link kommst Du zur Liste der Giftnotrufnummern für Deutschland, Schweiz und Österreich!